Montag, 2. August 2010

Folgen der japanischen Freundlichkeit?

Ein Erlebnis, welches ich bei meiner Fahrt zum Kansai Airport erleben musste, ist wie ich denke bezeichnend für die aufdoktrinierte Freundlichkeit und die stets und immer verlangte Rücksichtnahme auf andere.
Ich selber durfte oft spüren, dass auf Randgruppen und Fremdlinge in Form von Ausländern öfter mal keine Rücksicht genommen wird, vor allem dann, wenn erwartet wird, dass man selbige Höflichkeitsregeln nicht kennt.
Aber dazu werde ich später noch von einem anderen beispielhaften Moment berichten.

Nun zu dem beim Einsteigen in einen Express Zug Geschehenen. Nicht nur, dass ich mit all meinem Gepäck fast 30 Minuten auf den Zug wartete-mich dann fein an die Markierung für den Einstieg stellte und wie es fast schon zu erwarten war sich die Mehrzahl der Japaner schon vor Ankunft des Zuges damit beschäftigte mich zur Seite zu verdrängen. Okay. Was solls. Ich bin weitgehend fit und hatte nicht unbedingt vor mit meinem Gepäck eine gesamte Sitzbank für mich zu beanspruchen.

Was ich aber dann sah, als sich die Türen öffneten regte mich wirklich derart auf, dass ich dann im Zug recht laut und diesmal auf Deutsch in den Raum warf: "Ihr kotzt mich alle an." Wie ich an den Gesichtern sah, hat das natürlich schockiert und den Zugestiegenen war sicherlich auch klar, was das in dem Zusammenhang bedeutet hat.
Denn-wie üblich wurden fein alle Zuginsassen, die aussteigen wollten heraus gelassen, bevor jemand zustieg. Einzig ein Mann, der vollkommen orientierungslos mitten im Raum vor der Tür stand wurde überrannt. Dieser Mann war blind. Leicht am Blindenstock und den matten Augen, die in alle Richtungen, nur nicht nach vorn ausgerichtet waren zu erkennen.
Er stand dort so lange, bis eben alle anderen, die ihn mehrfach anrempelten eingestiegen waren. Nur eine einzige Frau mittleren Alters wartete mit mir draussen. 

Ich will noch dazu fügen, dass ich mir sicher bin, dass dies auch in Deutschland und vielen anderen Ländern so hätte passieren können. Ich finde aber, im Zusammenhang damit, dass der Japaner sich immer gern in der Rolle des soooo freundlichen Menschen, welche sich als Gemeinschaft, die aufeinander Rücksicht nehmen sehen, nimmt das Ganze ein besonderes Maß an widerlich an.
Denn genau hier wird offenkundig die Lücke gesehen, wo man keine Rücksicht nehmen muss. Eben dann, wenn jemand schwächer ist. 

4 Kommentare:

  1. Hallöle,

    Vielen Dank für das Lob, deine HP ist auch nicht ohne, echt lustig wie oft man bei anderen Japanreisenden Parallelen zu den eigenen Erfahrungen wiederfindet. Vor allem wünschte ich etwas von deinem Designtalent abzuhaben, dann würde ich nicht immer nur Textwüsten produzieren ;-)

    Viele Grüße aus Tokio,
    Christian

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  2. Hallo Christian,

    ja das geht mir auch immer wieder so mit den Parallelen und dem damit verbundenen Potenzial sich ein wenig aufzuregen oder einfach nur herzlich zu lachen.

    Wegen dem "Designtalent" kannste Dich trösten, ich habe Bildende Kunst studiert. Das einschließlich eines Semesters in Japan.
    Und: auch gänzlich ohne Bildchen habe ich mich letzte Nacht fast auf dem Boden gekugelt vor Lachen...

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  3. Ah, das erklärt natürlich alles :-) irgendwelche Pläne bald wieder nach Japan zu reisen oder gar dort zu wohnen?

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  4. Hmm, hmm. Bald wieder: ja. Wobei noch nicht klar ist wie schnell ich wieder die notwendigen Finanzen heran schaffen kann.
    Wieder dort wohnen: zeitweise nicht ausgeschlossen. Fortwährend nach meinen jetzigen Gefühlen dem Land und der Kultur gegenüber, auch und gerade in Bezug darauf, dass ich eine Frau bin... Tendenziell: nein.

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